27. August 2014

?Ein stufenweiser Einstieg war gewünscht"

BB im Gespräch mit Christian Kehrer, Leiter der Zertifizierungsstelle am ift Rosenheim

Gemeinsam mit dem ift Rosenheim hat die Gütegemeinschaft Fenster + Türen ein Stufenkonzept entwickelt. Dabei wurde die Zertifizierung durch das ift und die RAL-Gütesicherung in ein System überführt. So wird es künftig auch in der Gütesicherung einen Bronze, Silber und Gold-Status geben. Dabei ist die Stufe Gold der RAL-Gütezeichen Betrieben vorbehalten. Mit diesem Konzept soll eine größere Anzahl an Betrieben an die Gütesicherung herangeführt und die Bekanntheit des RAL-Gütezeichens gestärkt werden.


Hat es vor der Entwicklung des neuen Stufenkonzeptes Anfragen aus der Branche hinsichtlich einer „einfachen Qualitätssicherung" gegeben?


Ja, immer wieder wurden wir von Unternehmen angesprochen, die sich einen stufenweisen Einstieg in die Zertifizierung und Qualitätssicherung gewünscht haben, weil anerkannte Qualitätszertifikate im Wettbewerb Vorteile bieten und eine Fremdüberwachung auch innerbetrieblich den Qualitätsanspruch festigt. Daraus entstand die Idee des Stufenmodells, um die Firmen langsam an die ift-Produktzertifizierung und die RAL-Gütesicherung heranzuführen. Allen drei Stufen ist gemeinsam, dass das Unternehmen regelmäßig durch erfahrene ift-Auditoren überwacht und betreut wird. Bei der Stufe ift-Standard werden nur die gesetzlichen Mindestanforderungen und die Werkseigene Produktionskontrolle (WPK) überwacht, die das Unternehmen für das CE-Zeichen sowieso machen muss. Dies bietet für die Unternehmen ein sehr hohes Maß an Rechtssicherheit. Der Fensterkäufer kann sich im Gegensatz zu anderen Anbietern aber sicher sein, dass dieser Maßstab auch eingehalten wird und dem Grundprinzip folgt „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser". Diese Stufe ist vor allem für klein- und mittelständische Unternehmen konzipiert worden. Die Stufe „ift-Premium" ist für Unternehmen konzipiert, die neben den gesetzlich geforderten Mindestanforderungen weitere Qualitätsmerkmale im Rahmen der Produktzertifizierung aufnehmen und beurteilen wollen. ift-Premium bietet eine sehr hohe Wertigkeit für Fenster und Außentüren, da neben den für den Verwendungszweck gesetzlich geforderten Merkmalen weitere qualitätsbestimmende Eigenschaften wie die Dauerfunktionstüchtigkeit und Gebrauchstauglichkeit sichergestellt sind. Die Stufe RAL stellt die höchste nationale Qualitätsstufe für Fenster und Außentüren in Deutschland dar. Aufbauend auf der Stufe „ift-Premium" ist die Verwendung von gütegesicherten Zubehörteilen sowie die RAL-Montage zusätzlicher Bestandteil dieser Qualitätsstufe.

Mit welchem zusätzlichen zeitlichen und finanziellen Aufwand muss ein Betrieb kalkulieren, wenn er ift-Standard erreichen will?

Die jährlichen Kosten betragen in der Stufe „ift-Standard" ca. 1.450,- Euro. Je nach Unternehmen können dann noch Kosten für fehlende Nachweise und Prüfungen hinzukommen, die für die Dokumentation der jeweiligen Produkteigenschaften notwendig sind. Der zeitliche Aufwand hängt entscheidend von der Funktionsfähigkeit und der Effizienz der vorhandenen Qualitätssicherung und damit von der Anzahl der Mitarbeiter und Produktvarianten ab. Allerdings haben wir die Erfahrung gemacht, dass die praxistauglichen Vorlagen und Checklisten des ift Rosenheim und die Erfahrung der ift-Auditoren oft zur Vereinfachung und Verbesserung der Qualitätssicherung führen und unterm Strich sich nach einiger Zeit der Aufwand sogar wesentlich verringert.

Welche Vorteile für das Unternehmen wiegen diesen Aufwand auf?

In erster Linie profitieren die Firmen von der werblichen und verkaufsfördernden Nutzung des ift- bzw. RAL-Zeichens sowie der Rechtssicherheit bei allen Nachweisen, die baurechtlich gefordert sind. Hierzu zählen die notwendigen Prüfnachweise, die korrekte Erstellung der Leistungserklärung und des CE-Zeichens sowie die normgerechte Organisation der Werkseigenen Produktionskontrolle (WPK). Das gilt bereits für das Zertifikat „ift-Standard". Dieser Vorteil wird sicher am stärksten erkennbar, wenn es Reklamationen, Mängel oder Probleme mit der Bauaufsicht gibt, denn dann kann der Betrieb ein optimales und normkonformes System des ift Rosenheim vorweisen. Falls dann noch eine Fremdüberwachung baurechtlich gefordert wird, beispielsweise für Türen in Flucht- und Rettungswegen oder mit Anforderungen an den Brand- und Rauchschutz, kann dies mit geringem Aufwand in die Zertifizierung integriert werden.

Auch die Listung als zertifizierter Betrieb auf der ift-Website schafft gegenüber Architekten, Behörden und Bauherren Vertrauen in die Leistungsfähigkeit und Qualitätsorientierung des Unternehmens. Im Fall von Bauelementen mit einbruchhemmenden Eigenschaften ist sogar die verkaufsfördernde Aufnahme in die Empfehlungslisten der Kriminalpolizei (KPK-Liste) garantiert. Daneben erhalten die Unternehmen, abgestuft nach Zertifizierungsstufe weitere Vorteile, beispielsweise günstigere Konditionen bei Seminaren und Veranstaltungen der ift Akademie.

Hat ein Unternehmen, das sich schon dem Prozedere der CE-Kennzeichnung unterworfen hat, Vorteile?

Jedes Unternehmen, das in Europa Bauelemente wie Fenster oder Haustüren in Verkehr bringt, muss theoretisch die gleichen Anforderungen an die Prüfnachweise und die WPK erfüllen. Die Realität sieht aber ganz anders aus und manche Unternehmen sind weit vom geforderten Niveau entfernt. Das erkennt der Fensterkäufer aber nicht oder erst wenn es im Fall von Reklamationen zu spät ist. Auf der anderen Seite können Betriebe, die die Qualitätssicherung schon ganz gut machen, dies nur bedingt nach außen kommunizieren. Genau hier setzt das Einstiegsniveau „ift-Standard" an, denn der Mehraufwand zur Erlangung des ift-Zertifikats „ift-Standard" ist überschaubar. Außerdem kann der Betrieb von den Erfahrungen der ift-Auditoren beim Erstbesuch optimal profitieren und seine Prozesse weiter optimieren.

In welcher Form soll für das neue Konzept der Gütesicherung geworben werden. Ist hierbei an eine Zusammenarbeit mit den einschlägigen Berufsverbänden gedacht?

Das Konzept ist in sehr enger Zusammenarbeit mit der RAL-Gütegemeinschaft Fenster und Haustüren in Frankfurt erarbeitet worden. Gemeinschaftliches Ziel ist es, den Qualitätsgedanken weiter voranzubringen und eine Qualitätsoffensive zu starten. Auch die einschlägigen Gütegemeinschaften und Berufsverbände wurden mit eingebunden. Wir werden das Konzept im Oktober auf den Rosenheimer Fenstertagen vorstellen und gemeinsam mit allen Beteiligten auf der Fachtagung „Qualitätssicherung" am 25. und 26. November in Bad Orb detailliert präsentieren. Natürlich werden wir über das Konzept auch intensiv über eigene Medien und die Fachpresse informieren.

Ist auch daran gedacht, bei der Montage ein Mehrstufensystem zur Gütesicherung einzuführen?

Im Bereich der Fortbildung und Schulung gibt es ja jetzt schon ein abgestuftes Konzept, dass mit eintägigen Schulungen der Mitarbeiter beginnt und darauf aufbauend bis zur ift-Fachkraft Montage führt. Ich selber halte deshalb auch im Bereich der Montage ein abgestuftes Vorgehen für sinnvoll. Wie das dann mit den Zertifizierungsstufen verbunden und integriert wird, muss mit den beteiligten Partnern noch genau diskutiert werden.

Wie kann die ift-Zertifizierung mit einer bauaufsichtlich geforderten Überwachung kombiniert werden, beispielsweise für Brandschutzprodukte, Fluchttüren oder bei Fenstern mit Absturzsicherung?

Oft geraten Betriebe recht kurzfristig in das baurechtliche Konformitätssystem 1, das eine Fremdüberwachung von einer notifizierten Stelle vorsieht, beispielsweise wenn bei einem Auftrag auch Türen in Flucht- und Rettungswegen gefordert sind. Dann ist es recht schwierig kurzfristig die geforderten Nachweise, Audittermine und das notwendige Zertifikat zur Bescheinigung der Leistungsbeständigkeit zu erhalten. Hier haben Unternehmen in der ift-Produktzertifizierung bzw. der RAL-Gütesicherung große Vorteile, denn diese erweiterten Anforderungen können kurzfristig und mit geringem Aufwand in die bereits bestehende Überwachung integriert werden. Auch evtl. zusätzlich erforderliche Prüfungen und Nachweise können ift-zertifizierte Unternehmen zeitnah erhalten.

Herr Kehrer, wir danken Ihnen für das Gespräch!