8. April 2021

Fassaden in allen Facetten

bb-Rückblende: 2. International Next Facade Summit

Bei der Aufzeichnung des 2. International Next Facade Summit im Next Studio in Frankfurt. Foto: Mediashots / Wicona

Eine architektonische Reise um die Welt, Einblicke in den Entstehungsprozess spektakulärer Gebäudehüllen und herausragende Impressionen: All dies erwartete die Teilnehmer beim „2. International Next Facade Summit“ im Next Studio by Wicona + Partners (Frankfurt) am 25. März 2021. Vier international renommierte Architekten und Fassadenplaner waren bei dem im Livestream übertragenen Event mit dabei.

Zum Start des von Dr.-Ing. Werner Jager, Geschäftsführer Technisches Marketing bei Wicona, moderierten Programms stellte Kai-Uwe Bergmann von der Bjarke Ingels Group (New York) aktuelle Projekte vor. „Wir suchen immer wieder nach Wegen, die Fassade nicht einfach als Schutzhülle zu verstehen, sondern als Möglichkeit zur aktiven Steigerung der Gebäude-Performance“, so der Architekt. Als ein Beispiel dazu veranschaulichte Bergmann das Hochhaus Shenzen Energy Mansion – entstanden im tropischen Klima der chinesischen Millionen-Metropole. Dabei konzipierte die Bjarke Ingels Group eine gefaltete Fassade, die als aktiver Sonnenschutz dient und so den Hitzeeintrag ins Gebäude bis zu 30 Prozent reduziert.

Das nächste Highlight: Das Audemars Piguet Museum in der Schweiz. Hier entwarf das Büro einen spiralförmigen Bau mit einer gebogenen Glasfassade. Das Gebäude ist angelehnt an die Materialität und die filigrane Mechanik im Inneren einer Uhr und fügt sich harmonisch in die Umgebung ein.

Ein weiteres Beispiel für die stimmige Symbiose von Fassaden-Design und Performance: Das T-förmige „The Smile“ im New Yorker Stadtteil East Harlem. Das von der Oberfläche des Mondes inspirierte Gebäude begeistert mit ineinandergreifenden, schachbrettartigen Fassadenpaneelen – gefertigt von der Pohl Facade Division.

Beeindruckend auch das letzte vorgestellte Projekt: Das nach dem Leitmotiv „Nachhaltigkeit, die allen Spaß macht“ realisierte Amager Ressource Center in Kopenhagen. Die futuristische Müllverbrennungsanlage beherbergt eine begrünte Dachlandschaft mit Skilift und Wanderwegen.

Von der Idee zur Realisierung

Unter dem Titel „Crafting Facades“ eröffnete Juan Lucas Young Einblicke in den Design- und Gestaltungsprozess von Gebäude und Fassaden bei Sauberbruch Hutton (Berlin). Der Partner und Geschäftsführer des renommierten Büros erläuterte anhand zahlreicher Projekte den Weg von der Idee bis zur Realisierung. Beim Neubau der GSW Hauptverwaltung in Berlin stellte man sich zum Beispiel zunächst Fragen wie: Wo ist das Gebäude situiert? Welche Historie haben Standort und Umgebung? Dazu kommen dann funktionale und energetische Anforderungen wie Tageslicht und Sonnenschutz sowie natürlich die architektonische Idee. Hierbei sind, so erläuterte Young, auch die Farben maßgeblich.

Dies visualisierte der Architekt beispielsweise anhand der aufwändigen Bemusterung der Farbgebung beim Neubau des Umweltbundesamtes (Dessau) – einem schlangenähnlich geformten Gebäude, das auf einer Seite direkt an einen öffentlichen Park grenzt. Nicht zuletzt spielen auch die Fassaden-Materialien wie Glas, Beton, Keramik oder Holz eine entscheidende Rolle im Planungsprozess bei Sauerbruch Hutton – und zwar sowohl hinsichtlich des Designs als auch in puncto Nachhaltigkeit und Konstruktion.

Dies zeigte der Architekt unter anderem anhand des mit der Elementfassade Wictec EL von Wicona realisierten Bürogebäudes „Stockholm One“. Young dazu: „Jedes unserer Projekte beinhaltet einen aufwändigen Schaffensprozess von der Inspiration über die architektonische Idee bis ins Detail.“

Ästhetik und Fassadenkonstruktion vereint

Anschließend stellte Peter Olbert von Hadi Teherani zwei ambitionierte Hochhausprojekte des international operierenden Architekturbüros in Deutschland vor. Der Spin Tower befindet sich auf einem ehemaligen Industrieareal in der Nähe des Frankfurter Hauptbahnhofs und fällt vor allem durch die gegeneinander verdrehten Stockwerke im obersten Drittel optisch direkt ins Auge. Während die unteren, klar strukturierten 20 Geschosse als Hotel dienen werden, bietet der optisch „getrennte“ obere Teil Büroflächen. Durch die unterschiedliche Nutzung waren verschiedene Anforderungen an die Fassaden zu erfüllen. Olbert: „Wir mussten Kriterien wie ein variable Raumnutzung, Schallreduzierung, die Kombination von opaken und transparenten Bereichen sowie unterschiedliche Belüftungs- und Sonnenschutz-Parameter berücksichtigen. Daher haben wir drei verschiedene, sehr komplexe Fassadentypen geplant.“ So ließen sich letztendlich Konstruktion und Ästhetik harmonisch verbinden.

Beim Neubau des Geschäfts- und Wohnhochhauses „Deutschlandhaus“ in Hamburg waren bei der Planung vor allem die Geschichte des ehemalig an gleicher Stelle verorteten Gebäudes sowie das Umfeld zu berücksichtigen. Vor diesem Hintergrund entschieden sich die Architekten für Rotklinker als dominierendes Fassadenmaterial. Nach oben nehmen die Glasanteile stetig zu – was dem Gebäude eine besondere Eleganz verleiht.

Architektonisches Gespür trifft Engineering

Zum Abschluss schilderte die aus Dubai zugeschaltete Agnes Koltay (Koltay Facades) ihre Erfahrungen aus aller Welt – unter dem Motto „Think global. Build local“. Bei multilateralen Projekten komme es vor allem auf die vielfältigen Erfahrungen und interkulturellen Kompetenzen ihrer Mitarbeiter an. Immer wieder aufs Neue sei es wichtig, von lokalen Bauherrn, Architekten, Fassadenunternehmen zu lernen, sich auf die örtlichen Gegebenheiten vor Ort anzupassen und so architektonische Konzepte und technische Anforderungen – zum Beispiel Energieeffizienz – zusammenzubringen.

Wie das in der Praxis aussehen kann, veranschaulichte die Architektin und Fassadeningenieurin anhand spektakulärer Projekte wie dem „Museum of the Future“ in Dubai. Die liegend-ovale Hülle gleicht einem Auge, wird verziert von arabischer Kalligraphie und gilt als eine der komplexesten Konstruktionen weltweit.

Wicona 2. International Next Summit Museum of the Future Dubai

Spektakuläres Projekt: Das „Museum of the Future“ in Dubai. Foto: Sanoop.cp / Shutterstock

Ein weiteres Beispiel: Das neue Hauptgebäude des Mineralöl-Unternehmens Mol Group in Budapest. Auch beim „Mol Campus“ ging es darum, ästhetische und konstruktive Anforderungen genau auf die Vor-Ort-Bedingungen anzupassen. Dies erreichten Koltay und ihr Team nicht zuletzt mit Hilfe einer aufwändigen parametrischen Fassadenplanung.

Zum Abschluss stellte die Expertin das gigantische Projekt „Sky View“ in Dubai vor. Hierbei werden zwei Hochhaustürme mit einer monumentalen Brückenkonstruktion verbunden. Ein herausragendes Bauwerk, das auch aufgrund der beeindruckenden Ingenieurleistung von Koltay zum weltweit bekannten Leuchtturmprojekt geworden ist.

Die Aufzeichnung des Events ist unter diesem Link abrufbar.

Mehr Informationen zum Next Studio gibt es hier.

 

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