10. Februar 2020

Verbote gefährden geschlossene Wertstoff-Kreisläufe

Ein Blei- und Cadmiumverbot für Fenster-Rezyklate würde die Bemühungen der europäischen Fenster- und Kunststoff-Branche ad absurdum führen...

...und einen Einsatz von Rezyklaten unmöglich machen. Foto: bauelemente bau.

Die European PVC Window Profile and related Building Products Association (EPPA) richtet sich neu aus. In der jüngsten Sitzung verabschiedet der EPPA Vorstand einen neuen Fünfjahresplan. Die Mission lautet, das nachhaltige Wachstum der EPPA Mitglieder in allen europäischen Ländern zu unterstützen im Sinne von nachhaltigen und umweltfreundlichen Bauprodukten.

Um dieses Ziel zu erreichen, definiert EPPA zwei Arbeitsschwerpunkte: So liegt die Priorität zum einen auf der politischen Arbeit für das Kunststoff-Fenster. Zum anderem steht die Umsetzung einer europäischen Recyclingstrategie innerhalb der freiwilligen Selbstverpflichtung der Circular Plastics Alliance (CPA) im Fokus - und das trotz des aktuell diskutierten Blei- und Cadmiumverbots im Fenster-Rezyklat (Recyclingmaterial).

Altfenster-Recycling wird intensiviert

In ihrem neuen Fünfjahresplan verpflichten sich die europäischen Hersteller von Kunststoff-Fenstersystemen (Systemgeber) in EPPA, ein europaweites Vorbild für das Recycling in geschlossenen Kreisläufen zu werden. So fördert EPPA in den wichtigsten europäischen Märkten das Altfensterrecycling, insbesondere in Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Polen. Dort entstehen in den nächsten Jahren neue Sammelstellen für ausgediente Fenster. Als Ziel für 2025 legt der Verband fest, durchschnittlich 25 Prozent Recyclingmaterial in neuen Produkten einzusetzen.

Steigerung der Recyclingmengen: mit VinylPlus und CPA

Unterstützt wird EPPA bei diesem Vorhaben zum einen vom europäischen Nachhaltigkeitsprogramm VinylPlus®. Die europäischen PVC-Hersteller verpflichten sich in der freiwilligen Selbstverpflichtung, bis 2025 mindestens 900.000 Tonnen Altkunststoff zu recyceln und für die Herstellung neuer Produkte zu verwenden. „Dieses Vorhaben erreichen wir nur dann, wenn wir eine gemeinsame europäische Lösung finden, die auf nationaler Ebene umgesetzt wird", erklärt EPPA Geschäftsführerin Charlotte Röber. EPPA koordiniert die Vorhaben von Brüssel aus.

Rückenwind erhält der Verband bei seinen Recyclinganstrengungen zum anderen durch die CPA. Ziel der EU-Recyclinginitiative ist es, 2025 mindestens zehn Millionen Tonnen Kunststoff-Rezyklat in neuen Kunststofferzeugnissen einzusetzen. EPPA arbeitet darin aktiv mit und stellt mit dem Controlled-Loop-Recycling für Altfenster eine Lösung zur Verfügung, die auf mehr als 20 Jahren Erfahrung im PVC-Recycling beruht.

Aktivitäten in Bezug auf Blei-/Cadmium-Diskussion

Im Bereich der Europäischen Gesetzgebung fordert EPPA das Europäische Parlament auf, das Post-Consumer-Recycling auch in Zukunft zu ermöglichen. In der zweiten Februarwoche wurde dem Plenum ein Antrag des ENVI (Environmental) Komitees zu Abstimmung vorgelegt. Ziel des Antrags ist es, die von der Kommission vorgeschlagene Änderung zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung (Reach) von Blei und seiner Verbindungen (Bleiverbot) abzulehnen. Diese enthält eine Ausnahmeregelung für einige Anwendungsbereiche, in denen Blei-stabilisiertes Rezyklat aus Altprodukten wiedereingesetzt wird. EPPA fordert das Parlament auf, diesen Antrag abzulehnen. Das vorgeschlagene Bleiverbot und die Ausnahmeregelung beruhen auf einer von der Europäischen Chemikalienagentur ECHA sorgfältig geführten wissenschaftlichen Betrachtung, die mehrere Jahre in Anspruch genommen hat. Diese Betrachtung hat ergeben, dass Recycling die nachhaltigste Lösung im Umgang mit Bleistabilisatoren in PVC ist. Eine Anerkennung des Bleiverbots und seiner Ausnahmeregelung hat zudem eine wichtige Signalwirkung für ein weiteres Verfahren, das das Fensterrecycling in Europa bedroht. Gemäß EU-Richtlinie RoHS II dürfen elektrifizierte Fenster nicht mehr als 0,1 Prozent Blei und 0,01 Prozent Cadmium enthalten.

Ausnahmeregelung beantragt

Bereits 2015 haben EPPA und EuroWindoor, die Interessenvertretung der europäischen Fenster-, Fassaden- und Türenhersteller, eine Ausnahmeregelung für PVC-Rezyklat in Fenstern beantragt. Mit Blick auf das parallel laufende Reach Verfahren (EU-Chemikalienverordnung) hat die Kommission eine Entscheidung immer wieder vertagt, um eine einheitliche Rechtslage schaffen zu können. Diese Angleichung ist nun erfolgt und ein entsprechender Vorschlag wird dem Parlament in den nächsten Wochen und Monaten zugehen. Das Parlament wird also ein weiteres Mal aufgefordert, einer zwei Prozent Blei-Ausnahmeregelung für das Fensterrecycling zuzustimmen beziehungsweise dieser nicht zu widersprechen. Andernfalls ist mit einer zügigen Umsetzung des RoHS Rechts durch die Mitgliedstaaten zu rechnen und das Recycling beziehungsweise der Einsatz des Rezyklats umgehend einzustellen.

Eindrückliche Warnung

In diesem Fall ist es für Kunststoff-Fensterindustrie irrelevant, ob und wie die Kommission mit dem abgelehnten Reach Bleiverbot umgeht. Selbst wenn die Kommission im Reach Verfahren eine modifizierte Ausnahmeregelung vorlegt, offene Fragen klärt und das Parlament diesem Vorschlag zustimmen kann, die Abstimmung in der kommenden Woche hat eine Signalwirkung, die unwiderrufliche Konsequenzen für die Kunststoff-Fensterindustrie hat. „Sollte es durch die Einstufung von Reach und RoHS zu einem Verbot von Blei und Cadmium im Rezyklat kommen, würde das die Selbstverpflichtung von VinylPlus und CPA infrage stellen - sowie das Post-Consumer-Kunststoffrecycling in Europa insgesamt", warnt Röber.

Auf die Homepage von EPPA gelangen Sie über diesen Link.


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