18. März 2024

Gebäudesektor verfehlt erneut Klimaschutzziel

Bundesregierung will dennoch Klimaschutzgesetz abschwächen

Thomas Drinkuth: „Die Bundesregierung sollte jetzt eigentlich den Sanierungsturbo zünden.“ Foto: RTG

Laut dem aktuellen Emissionsbericht des Umweltbundesamtes verfehlt der Gebäudesektor in Deutschland zum vierten Mal in Folge das im Klimaschutzgesetz vorgesehene Ziel. Doch statt mehr energieeffiziente Gebäudesanierungen anzureizen, arbeitet die Bundesregierung an einer Aufweichung der Anforderungen des Klimaschutzgesetzes.

Laut aktuellen Zahlen des Umweltbundesamtes (UBA) sind die Treibhausgas-Emissionen im Jahr 2023 zwar deutlich gesunken – doch zusammen mit dem Verkehr hat der Gebäudesektor erneut sein Klimaschutzziel verfehlt. Der CO2-Ausstoß von Gebäuden sank von 111 auf 102 Millionen Tonnen und liegt damit noch um ca. 1,2 Millionen Tonnen über der Zielmarke. Das UBA erklärt die Emissionssenkung maßgeblich mit der milden Witterung und einem sparsamen Heizverhalten auf Grund der hohen Energiepreise. Die Repräsentanz Transparente Gebäudehülle (RTG), die die Bauindustriebranchen Glas, Fenster, Fassade, Sonnenschutz und Automation vertritt, wertet die Zahlen nicht als Erfolg.

Sanierung schwächelt weiter

„Milde Witterung und sparsames Heizen sind vergängliche Effekte. Strukturell gibt viel zu wenig Verbesserung – im Gegenteil: Die Sanierungsrate ist zuletzt spürbar gesunken“, erklärt Drinkuth. „Durch mehr Sanierungsmaßnahmen, vor allem bei alten Gebäuden mit hohem Energieverbrauch, wäre ein nachhaltiger Klimaschutz möglich. Dafür müsste die Bundesregierung dringend bessere Rahmenbedingungen schaffen.“

Nach dem geltenden Klimaschutzgesetz müsste die Bundesregierung auf Grund des verfehlten Ziels nun ein wirksames Sofortprogramm für mehr Klimaschutz im Gebäudesektor vorlegen. Doch das hat sie schon im vergangenen Jahr nicht getan. Stattdessen überarbeitet die Ampelkoalition derzeit das Klimaschutzgesetz und weicht die darin enthaltene Regulierung auf. Laut einem bereits 2023 bekannt gewordenen Entwurf will die Regierung sich nicht mehr auf sektorspezifische Jahresziele verpflichten. In Zukunft soll nur noch eine mehrjährige Prognoseberechnung überprüfen, ob das Gesamtklimaschutzziel im Jahr 2030 weiterhin erreichbar bleibt. Eine Verfehlung der Sektorziele hätte dann keine Konsequenzen mehr. Die Gebäudesanierung dürfte weiterhin auf der Strecke bleiben, solange die Energiewirtschaft oder die Industrie ihre Emissionsziele übererfüllen.

Der heutige Energiebedarf ist zu hoch

Das hält die Branchenvertretung RTG jedoch für gefährlich: „Die Bundesregierung argumentiert, es sei für den Klimaschutz nachrangig, welche Sektoren ihre Jahresziele unter- oder überfüllen – solange das Gesamtziel der Emissionsminderung in der Prognose erreicht werde. Dabei übersieht sie zwei wesentliche Aspekte: Erstens ist das Ziel der Klimaneutralität im Jahr 2045 nur mit erheblich mehr Gebäudesanierung zu erreichen. Alle Klimaszenarien gehen davon aus, dass die Sanierungsrate von aktuell gut 0,7 Prozent auf mindestens 1,6 Prozent, eher auf circa zwei Prozent steigen muss. Denn der heutige Energiebedarf ist so hoch, dass erneuerbare Energien ihn niemals decken können. Es kommt also sehr wohl auf konkrete Erfolge im Gebäudesektor an. Zweitens lassen sich Sanierungen, die jetzt versäumt werden, nicht später im Galopp nachholen. Gebäudesanierung funktioniert nur kontinuierlich. Statt also mit der Abschwächung des Gesetzes den Druck vom Kessel zu nehmen, müsste die Bundesregierung eigentlich den Sanierungsturbo zünden“, fordert Drinkuth.

Förderanreize verbessern

Die Optionen, politisch dagegen zu steuern sind vorhanden und vielfältig, werden jedoch der Branchenvertretung RTG zu Folge nicht ausreichend genutzt. Primär müssten die Förderanreize für alle Eigentümergruppen deutlich verbessert werden. Insbesondere seien höhere Zuschüsse und attraktivere Steuerabschreibungen in Kombination mit zinsgünstigen Krediten notwendig, um kurzfristig einen starken Impuls zu setzen. Besonders starke Unterstützung durch Förderung, Information und Beratung müsste für die Sanierung alter Gebäude mit hohem Energiebedarf geleistet werden. Ergänzend sei sehr eine schnelle und konsequente Umsetzung der Europäischen Gebäuderichtlinie, die bereits vom Europaparlament final beschlossen wurde, wichtig. Nicht zuletzt: Bei der Klimaschutzregulierung künftig stärker auf eine Prognose als Ziel zu setzen, sei grundsätzlich nicht falsch. Dennoch müsse man die einzelnen Sektoren im Blick behalten und verbindlich nachsteuern, wenn der Kurs nicht stimmt.

Mehr zur RTG erfahren Sie über diesen Link.

 

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