29. Mai 2024

Echte Kreislaufwirtschaft mit End-of-Life Aluminium

Am Hydro-Reycling-Werk in Dormagen konnten die Besucher den kompletten Prozess live vor Ort erleben. Foto: bauelemente bau

Aluminium spielt eine wichtige Rolle beim zukunftsgerechten Bauen. Dank der endlosen Recycelbarkeit lassen sich mit dem Werkstoff wertvolle Ressourcen einsparen und CO2-Emissionen reduzieren. Wicona bietet vor diesem Hintergrund schon heute Fenster- und Fassadensysteme aus bis zu 100 Prozent End-of-Life-Aluminium. So wird echte Kreislaufwirtschaft mit Aluminium zur gebauten Realität.

Der verantwortungsvolle Umgang mit den begrenzten Rohstoff-Ressourcen ist wichtiger denn je und ein Schlüsselfaktor für klimagerechtes Bauen. Großes Potenzial verspricht im Gebäudesektor vor allem der Werkstoff Aluminium. Denn: Aluminium ist eines der wenigen Materialien, das Eigenschaften und Qualität nach der Wiederaufbereitung beibehält und somit quasi unendlich recycelbar ist. Zudem wird beim Recycling von Aluminium nur etwa fünf Prozent der Energie aufgewendet, die zur Herstellung von Primär-Aluminium gebraucht wird. Daher kann nur das Ziel sein, die Verwendung von Sekundär-Aluminium (End-of-Life-Aluminium) im Bausektor weiter deutlich zu steigern. Denn aktuell entfallen immer noch rund 75 Prozent der weltweiten Produktion auf Primär-Aluminium – also Material, das in einem energieintensiven Prozess aus Bauxit hergestellt wird.

Bedeutender Unterschied: Pre- und Post-Consumer-Schrott

Wichtig dabei: Recyceltes Aluminium ist nicht gleich recyceltes Aluminium. Für den Wiederaufbereitungsprozess gibt es grundsätzlich zwei unterschiedliche Materialquellen – und diese haben maßgeblichen Einfluss auf Energiebilanz bzw. CO2-Fußabdruck des Recyclingmaterials. Die erste Quelle ist der Pre-Consumer Schrott – also Aluminium-Prozessschrott. Dieses Material entstammt Herstellungs- beziehungsweise Verarbeitungsprozessen wie der Extrusion. Die zweite und weit weniger verbreitete Variante: Post-Consumer-Schrott oder auch End-of-Life-Aluminium (EoL). So wird Material bezeichnet, das bereits in einem Produkt verwendet wurde, welches seinen gesamten Lebenszyklus durchlaufen hat. End-of-Life-Aluminium wie es Wicona einsetzt, kommt zum Beispiel aus Fassaden und Fenstern, die aus Gebäuden demontiert und recycelt wurden. Hydro hat als Pionier einen Sortier- und Aufschlüsselungsprozess entwickelt, der es ermöglicht, End-of-Life-Aluminium in großen Mengen so zu sortieren, dass es wieder zu hochwertigen Aluminiumprofilen verarbeitet werden kann. Diese Legierung trägt je nach enthaltenem Recycling-Anteil den Namen Hydro Circal 75R oder Hydro Circal 100R.

Berechnung des CO2-Fußabdrucks – unterschiedliche Methoden

Ob Pre- oder Post-Consumer-Schrott: Bei der Bewertung des verwendeten Materials im Rahmen einer Ökobilanz spielt der CO2-Fußabdruck eine entscheidende Rolle. Allgemein anerkannt ist, dass Post-Consumer-Schrott aufgrund der bereits erfolgten vormaligen Verwendung in einem Produkt einen CO2-Fußabdruck von Null aufweist. Für Pre-Consumer-Schrott ermöglichen die Standards für Ökobilanzen jedoch aktuell zwei unterschiedliche Berechnungsmethoden, die großen Einfluss auf die ökologische Bewertung des Werkstoffs haben. Bei der Cut-Off-Methode folgt der Fußabdruck den Produkten. Das bedeutet zum Beispiel: Bei einem Strangpressbolzen mit einem CO2-Fußabdruck von 1.000 Kilogramm tragen die extrudierten Profile die gesamte Kohlenstoffemission, während die Prozessabfälle – diese machen im Durchschnitt 20 Prozent aus – keinen CO2-Fußabdruck zugewiesen bekommen. Da der CO2-Fußabdruck komplett dem Originalprodukt zugeordnet wird, folgt: Pre-Consumer-Schrott jeder Herkunft gilt als dekarbonisiert, eine Unterscheidung zu Post-Consumer-Schrott findet nicht statt – was eine CO2-Bewertung deutlich aufweicht. Deutlich transparenter ist dies bei der auch von Wicona zur Berechnung der Ökobilanz angewandten Avoided-Burden-Methode („Methode der vermiedenen Umweltbelastung“): Hier folgt der CO2-Fußabdruck dem Material. Das heißt: Bei dem oben genannten Strangpressbolzen mit einem CO2-Fußabdruck von 1.000 Kilogramm wird der Umwelteinfluss basierend auf der physischen Verteilung zwischen dem ursprünglichen Produkt und dem Ausschussmaterial aufgeteilt – also werden 800 Kilogramm CO2 den Profilen und 200 Kilogramm CO2 dem Prozessschrott zugeteilt. Demzufolge trägt der im Prozess anfallende Pre-Consumer-Schrott den CO2-Fußabdruck seines ursprünglichen Materials. Eine weitere Reduktion der CO2-Emissionen kann nur durch aufwendige Optimierungen der Prozessschritte erfolgen. Aus Sicht von Wicona ist dies damit der einzig richtige Weg für eine echte Kreislaufwirtschaft.

Externe Zertifizierung über die Aluminium-Wertschöpfungskette

Wichtig im Zusammenhang mit der Bewertung des CO2-Fußabdrucks von Aluminium ist zudem die Frage: Decken die deklarierten Werte die gesamte Wertschöpfungskette („cradle to grave“) oder nur Teile ab („cradle to gate with options“)? Dies wird in der Ökobilanz sowie der darauf basierenden Umweltproduktdeklaration (EPD) festgelegt.

Außerdem können externe Zertifizierungen – zum Beispiel durch die Aluminium Steward Initiative (ASI) – die Glaubwürdigkeit erhöhen. ASI ist die anerkannteste internationale Norm, die sich auf Umwelt-, Soziale- und Managementaspekte (ESG) der gesamten Aluminium-Wertschöpfungskette bezieht. Auch die gesamte Wertschöpfungskette des Wicona Aluminiums ist ASI-zertifiziert.

Komplexer Recyclingprozess

Klar ist: Die Menge an End-of-Life-Aluminium ist heute noch deutlich geringer als die von Primäraluminium und Pre-Consumer-Material – die aktuelle Nachhaltigkeitsentwicklung im Bausektor sorgt jedoch für deutliche Steigerungsraten. Um die zunehmenden Aluminium-Mengen auch in Zukunft in hochwertiger Qualität recyceln zu können, ist eine sortenreine Sammlung und Aufbereitung erforderlich. Denn: Post-Consumer-Schrott wurde – wenn zum Beispiel zuvor in einem Fenster eingesetzt – in der Regel eloxiert beziehungsweise lackiert und die Profile können zudem auch weitere Komponenten wie eine thermische Trennung enthalten. Für das Recycling sind daher ein umfangreiches Know-how und – wie im unternehmenseigenen Recyclingwerk von Hydro in Dormagen – modernste Technologien und Prozessschritte erforderlich: Von der ersten Inspektion über das Schreddern, Trennen, Zerkleinern und Sortieren bis hin zum Schmelzen. Schließlich wird das Material so aufbereitet, dass es in der richtigen Legierung wieder der Produktion von hochwertigen Aluminiumprofilen zugeführt wird. Hierfür setzt sich auch der AIUIF e.V. ein, bei dem Wicona Mitglied ist. Bei Hydro wird dieser gesamte Prozess überwacht und fortlaufend von der unabhängigen Prüfstelle DNV-GL zertifiziert.

Echte Kreislaufwirtschaft nur mit End-of-Life-Aluminium

Um den steigenden Anforderungen an den Klimaschutz zu begegnen, hat die Hydro Building Systems mit ihrer Marke Wicona die Zukunftsstrategie „Build Beyond Tomorrow“ ins Leben gerufen – unter anderem, um die Entwicklung nachhaltiger Produkte voranzutreiben. Mit Hydro Circal 75R bietet das Unternehmen seit 2019 eine Aluminiumlegierung, die zu mindestens 75 Prozent aus recyceltem End-of-Life-Aluminium besteht und mit 1,9 Kilogramm CO2 pro Kilogramm Aluminium einen der niedrigsten CO2-Fußabdrücke weltweit aufweist. Zudem bietet Wicona mit Hydro Circal 100R die weltweit erste Aluminiumlegierung aus 100 Prozent recyceltem End-of-Life-Aluminium. Dieses Material verfügt mit weniger als 0,5 Kilogramm CO2 pro Kilogramm Aluminium über den im weltweiten Vergleich geringsten CO2-Fußabdruck.

Ausblick: Kreislauffähige Fassaden

Im Hinblick auf den Klimaschutz sollte es Ziel sein, bei der Planung und Realisierung von Fenstern, Türen und Fassaden aus Aluminium Systeme mit einem hohen Anteil an Post-Consumer-Schrott einzusetzen. Vor diesem Hintergrund stellt Wicona Planern und Bauherren dynamische EPDs zur Verfügung, mit denen sich ein konkret auf das jeweilige Projekt zugeschnittener CO2-Fußabdruck berechnen lässt. Zudem bietet das Aluminiumsystemhaus schon heute Lösungen mit bis zu 100 Prozent End-of-Life-Aluminium Anteil an. Zukünftig gilt es, ganzheitlich weiter zu denken. Das bedeutet die Einbeziehung von Verglasung, Beschlägen und Dichtungen in den Rücknahme- und Wiederaufbereitungsprozess. Auch hier existieren bei Wicona bereits konkrete Kooperationen – zum Beispiel mit der Glasindustrie und Dichtungsherstellern. Das Ziel: die kreislauffähige Fassade als Ganzes.

Weitere Informationen zum Unternehmen Wicona finden Sie hier...

...und zum Internetauftritt von Hydro geht es hier entlang.

 

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